Die Nachbarn über mir besitzen eine Katze. Es ist ein besonderes Exemplar. Warum ich das sage? Weil ER, ja, männlich, die Fähigkeit zur Hypnose besitzt. Analog zu Kaa, der Schlange aus dem Dschungelbuch. Zudem ist er rothaarig. Man sagt, das seien besondere Katzen. Sie verhexen ihre Opfer!
Von Beginn an hatten wir uns gut verstanden und Freundschaft geschlossen. Er kam zu mir gelaufen, schmeichelte mir zutraulich um die Beine, schnurrte um die Wette und vermittelte einen vertrauenserweckenden
Eindruck. Bis zu der Nacht, in der sich alles änderte.
Samtpfote ist schlau! Es war Winter und irgendwie hat er es geschafft, herauszufinden, dass ich in der Hochparterrewohnung direkt unter ihm hause und es somit ein Leichtes für ihn ist, von der Rückseite des Hauses herkommend auf meinen Balkon zu gelangen.
Jedenfalls gab es dort plötzlich und unerwartet mitten in der Nacht ein klägliches Katzengejammer, das jedem durch Mark und Bein und ans Herz gegangen wäre.
Da ich zwar sofort erwachte und realisierte, was los war, aber nicht gleich zur Balkontüre lief, um ihm zu öffnen (offensichtlich fror sich das arme Tier etwas ab), begann er kurzerhand mit der Pfote gegen die Scheibe zu klopfen, äh hämmern.
Das war zu viel. Ich machte also den schlimmstmöglichen Fehler und liess ihn herein. Dankbar schnurrend lief er schnurstracks durch meine Wohnung zur Haustüre und ich liess ihn in den Hausgang hinaus, wo er über die Treppe nach oben verschwand.
So weit, so gut. Nur wiederholt sich seitdem der ganze Ablauf mehr oder weniger allnächtlich und - da niemand gewillt ist, den Krach auf dem Balkon länger als eine Minute auszuhalten - kommt der Kater jedes Mal zum Ziel: Er missbraucht mich für seine Zwecke und meine Wohnung als Durchgangs-möglichkeit.
Jegliche Aberziehungsversuche sind seitdem kläglich gescheitert. Längst hat er mich um den Finger gewickelt. Und wenn Sie mich fragen: Er wusste genau, was er tat.
Zur Aufrechterhaltung einer harmonisch-nachbarschaftlichen Katzen-Mensch-Beziehung beugte ich mich der Autorität des Fellknäuels und jetzt mal ganz ehrlich: Alles ist meine eigene schuld!
Kleiner Trost: Jeder, der eine Katze besitzt oder besass, versteht mich völlig.
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