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  • Autorenbildlampertsylvia

Von der Ordnung der Dinge

Aktualisiert: 18. Nov. 2022

Unlängst bin ich durch den Schulgang gelaufen. Es war vor Schulbeginn, nachmittags. Dabei habe ich eine skurrile Szene beobachten können, nein müssen.


Ein mir bekannter Schüler ist mit einem Schuh in der Hand angestrengt den Gang herunterlaufend an mir vorbeigerast, ihm hinterher rannte eine mir ebenso bekannte Schülerin, vom Versuch massiv angestrengt, den davon Keuchenden einzuholen, um ihren sehnlichst vermissten und wohl vorab entführten (?) Schuh zurückzuergattern.


Kurze Zeit später wiederholte sich mir die Szene in umgekehrtem Sinne, denn sie liefen nunmehr - nota bene in derselben Reihenfolge - den Gang in entgegengesetzter Richtung wieder hinunter.


Innerlich schüttelte ich den Kopf. Was für eine verdrehte Welt. Völlig desillusioniert und noch entsetzter ob der Erschütterung meines Weltbildes hing ich also meinen Gedanken nach. Den beiden würde ich dazu noch einen Ton sagen müssen. Die hatten ja keine Ahnung von Ordnung, richtigem Ablauf und akkurater Reihenfolge.


Ich rief sie also zu mir und fragte, ob sie denn wissen, worin in der Verfolgungsjagd der Fehler lag? Beide guckten mich unwissend und perplex an. Dies brachte mich zu folgender Konklusion: Um das Wissen der heimischen Märchenkultur scheint es schlecht bestellt zu sein. Und das, obwohl alles längst bekannt sein müsste.


Nun, sagte ich vorlaut, wenn ich das richtig erinnere, war da vorhin die Reihenfolge falsch, wenn auch wenigstens die Schuhe am richtigen Platz: Aschenbrödel kommt zuerst, mit mindestens oder besser gesagt nur einem Schuh, dann der Prinz mit dem zweiten (wobei es nicht seiner ist) und total drei Schuhen (wobei er zwei davon an den Füssen trägt).


Beide guckten verdutzt, überlegten, mussten lachen. Ich verzog bewusst übertrieben das Gesicht, verdrehte gekonnt die Augen...und sagte ihnen, dass Märchen einen wahren Kern hätten und sie mal darüber nachdenken sollten.


Aber ich musste auch zugeben, dass - weil es sich beim entwendeten Schuh um eine Adilette gehandelt hatte - diese moderneren Adaptionen heutzutage ihre Berechtigung hatten und ich wohl einsehen musste, dass ich zu altmodisch, konservativ, realitätsfern und engstirnig war.


Und die Moral von der Geschicht: Märchen liebt man, oder nicht. Ausserdem ist Aschenbrödel der Beweis dafür, dass ein Schuh dein Leben verändern kann. Adiletten sind davon ausgenommen.



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